Studie: Relevanz kritischer Infrastruktur im öffentlichen Diskurs

Kritische Infrastruktur im öffentlichen Diskurs

Das IMWF hat im Auftrag der ÖBAG den öffentlichen Diskurs um Österreichs kritische Infrastruktur untersucht. Dabei wurden rund 29.000 Aussagen in Social Media, journalistischen Medien und sonstigen Webseiten im Zeitraum von November 2020 bis Oktober 2022 untersucht. Dabei wurde mittels KI-gestützter Textanalyse gearbeitet und die Ergebnisse entsprechend interpretiert. Zudem wurde in den Blick genommen, welche Akteure aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft die Debatten jeweils prägen. Durch eine Netzwerkanalyse auf Basis gemeinsamer Nennungen konnte darüber hinaus gezeigt werden, in welchen Zusammenhängen die Akteure wahrgenommen werden.

Energie mit 54 Prozent der Aussagen die größte Aufmerksamkeit

Energie bekommt mit einem Anteil von 54 Prozent der Aussagen zu den verschiedenen Typen kritischer Infrastrukturen die bei weitem größte Aufmerksamkeit. Dies ist vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges wenig verwunderlich: Die Gefahren für die Versorgungssicherheit in Österreich durch die Abhängigkeit von russischem Gas wurden breit diskutiert. Entsprechend stark ist der Anstieg der Aussagen zu Energieinfrastrukturen ab Ende Februar 2022, der im Sommer mit der Debatte rund um die Strompreisbremse und die Finanzierungsschwierigkeiten der Wien Energie einen Peak erreicht hat. Vor Beginn der russischen Invasion in der Ukraine war Energieinfrastruktur primär im Kontext potenzieller Blackouts und ihrer Vermeidung Thema.

Am Anfang des Beobachtungszeitraums (November 2020) ist Gesundheit noch das stärkste Thema, dicht gefolgt von Energie. Ab Beginn des Ukrainekriegs am 24.2.2022 steigt der Anteil, den Energie beansprucht, deutlich an, und das Thema dominiert die Diskussion bis zum Ende des Beobachtungszeitraums im Oktober 2022. Alle anderen Themen sind im Verhältnis deutlich kleiner und größtenteils relativ konstant. Das Thema Bildung macht im Jänner 2022 einen Ausreißer nach oben, als eine neue Coronatest-Strategie an Bildungseinrichtungen vorgestellt wird.

Versorgungssicherheit im Zentrum des Diskurses

Energieunternehmen wie OMV, EVN und Wien Energie sowie die Interessensvertreter aus Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung spielen eine zentrale Rolle im Diskurs rund um Energieinfrastrukturen. Dabei steht die Versorgung mit Gas und die Stromerzeugung im Zentrum, die auch für die politischen Akteure besonders relevant war. Weitgehend unabhängig davon wurde die Debatte um die Netzinfrastruktur mit der Austrian Power Grid als wichtigstem Akteur geführt.

Gesundheit, Lebensmittel und Wasser ebenso relevant im Diskurs

Rund 20 Prozent der Aussagen zu kritischen Infrastrukturen drehen sich um das Gesundheitssystem, 2021 vor allem im Corona-Kontext. So wurde eine ausgiebige Debatte zur hohen Relevanz der Gesundheitsinfrastruktur in der Pandemie geführt, wobei vor allem auf die Gefahr für die Gesundheitsversorgung durch Personalnot verwiesen wird. So macht das Thema Ärztemangel konkret rund ein Drittel aller Aussagen zu kritischer Gesundheitsinfrastruktur aus. Neben den Parteien sind das Gesundheitsministerium, die ÖGK und die Ärztekammer zentrale Akteure, wobei die letzten beiden auffallend häufig gemeinsam genannt werden. Dies liegt an den zahlreichen Konflikten zwischen diesen Akteuren, die oftmals unabhängig vom sonstigen Diskurs öffentlich ausgetragen werden.

In der Netzwerkanalyse ist zudem die gemeinsame Nennung von Hilfsorganisationen auffällig, die betont abseits der zentralen politischen Debatten auftreten. Diese Organisationen – vor allem Caritas und Diakonie – sind auch in der öffentlichen Diskussion um Lebensmittelversorgung als kritische Infrastruktur relevant. Das Thema macht rund neun Prozent der Gesamtaussagen aus und wird neben den genannten Organisationen vom Lebensmittelhandel und Akteuren aus der Landwirtschaft geprägt. Auch in diesem Themenfeld hat der Ukrainekrieg mit der Angst vor Versorgungsengpässen für eine starke Dynamik ab dem Frühjahr 2022 gesorgt, im Sommer dann vor allem durch die wachsende Inflation und den Druck auf die Lebensmittelpreise. Zudem wurde die Lebensmittelversorgung vor dem Hintergrund von Dürreperioden diskutiert. Dieses Thema hat auch starken Einfluss auf die Diskussion zur kritischen Infrastruktur Wasser, zu der rund zehn Prozent der Aussagen gefallen sind.

Bildung und (Tele)Kommunikation spielen mit einem zwei und vier Prozent-Anteil an den Gesamtaussagen eine untergeordnete Rolle. Zu Kommunikation sind unverbundene Diskussionsstränge zur Infrastruktur (Funkmasten) der A1 Telekom Austria, zu Cyber-Security und Breitbandausbau zu finden. Verkehr, Finanzen, Verwaltung oder Medien, die nach gängigen Definitionen ebenfalls als kritische Infrastrukturen gesehen werden, werden kaum als solche öffentlich diskutiert.

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