Studie zur Wien-Wahl 2020: Corona bringt Gesundheit an die Spitze des Interesses
IMWF-Analyse zur Wien-Wahl 2021: Gesundheit ist bisher das ganz klar dominierende Thema im Zusammenhang mit den Wiener Landtags- und Gemeinderatswahlen am kommenden Sonntag. Dahinter folgen Migrationsthemen klar auf Platz 2. Ebenfalls auf dem „Stockerl“: das Thema Ibiza. Dies führt dazu, dass bisher Heinz-Christian Strache mit 33 Prozent aller Kandidatennennungen dominiert, vor Gernot Blümel (23,7 Prozent) und Bürgermeister Michael Ludwig (19 Prozent).
Die Überraschung: Kernthemen bisheriger Wiener Wahlauseinandersetzungen wie Bildung, Wohnen, Soziales oder Verwaltung spielen diesmal nur eine vernachlässigbare Rolle. Was die Erwähnungen im Wahlkampf betrifft führt die ÖVP knapp vor der SPÖ. Das sind die Kernergebnisse, die IMWF Austria mittels Künstlicher Intelligenz in einer umfassenden Analyse aus der Gesamtkommunikation zu den Wiener Wahlen seit Mitte August herausgefiltert hat.
Heinz Christian Strache ist der am heftigsten diskutierte Wiener Spitzenkandidat. 33 Prozent alle Beiträge zu den Wiener Wahlen am kommenden Sonntag beschäftigen sich mit dem ehemaligen FPÖ-Chef. Dies freilich mit einem Thema, das mit Wien wenig zu tun hat: Ibiza (samt Folgen und den verschiedenen Aspekten der Affäre) hat einen Anteil von 48,1 Prozent an allen Diskussionsbeiträgen zu Strache. Dessen einstige Kernthemen, Sicherheit und Migration, werden ihm nur noch zu 9,7 bzw. 7,2 Prozent zugeschrieben.
Migration ist weiterhin Kernthema in Wien
Migration ist noch immer eines der Kernthemen, die die öffentliche Diskussion um Wien und die Wahlen dominieren. Mit 14,3 Prozent Anteil an den Themen ist Migration klar auf Platz 2. Das Hauptinteresse der Wienerinnen und Wiener gilt freilich – bedingt durch Corona – der Gesundheit und Gesundheitspolitik. Damit zusammenhängend stehen auch Wirtschaftsthemen vor dieser Wahl deutlich stärker im Mittelpunkt. Diese haben einen Anteil von 11,9 Prozent am öffentlichen Interesse und liegen damit knapp hinter „Ibiza“ mit 12,4 Prozent.
Analyse von 40.000 Datensätzen, die sich mit der Wien-Wahl beschäftigen
Das sind die zum Teil überraschenden Ergebnisse einer Analyse des IMWF Austria zur gesamten Kommunikation vor den Wiener Landtags- und Gemeinderatswahlen. IMWF Austria-Chef Axel Maireder, der lange Jahre als Forscher an der Uni Wien und danach beim Marktforschungsriesen GfK tätig war, erklärt die Vorgangsweise: „Wir haben seit 17. August rund 40.000 Datensätze mittels Textanalyse – gestützt durch Künstliche Intelligenz – kodiert und ausgewertet. Wir sammeln dafür alle öffentlichen Beiträge aus allen öffentlichen Quellen, die sich mit der Wien-Wahl beschäftigen. Danach werden diese um alle Meldungen ohne direkten Zusammenhang mit den Wiener Wahlen bereinigt und anschließend ausgewertet.“
Die nun vorliegenden Themen bilden den Stand mit 1. Oktober ab. Die Daten werden weiter gesammelt, kodiert und ausgewertet. Bei stärkeren Veränderungen wird IMWF Austria diese umgehend veröffentlichen.
Maireder: „Diese Auswertung brachte zum Teil überraschende Ergebnisse. Themen, die in der Wahrnehmung bei weitem dominanter sind, wie etwa Verkehr und Soziales, stellen sich bisher als deutlich weniger relevant dar. Wirtschaft ist dramatisch stärker als vermutet. Migration ist trotz Corona immer noch ziemlich dominant. Dass angesichts der Corona-Pandemie das Thema Gesundheit alle anderen schlägt, ist freilich keine Überraschung.“
Bildung, Wohnen und Soziales sind nur Randthemen
Die in der medialen Berichterstattung als sehr stark wahrgenommenen Themen wie Sicherheit, Klimaschutz und Verkehr spielen in der Wahlauseinandersetzung bisher eine eher untergeordnete Rolle. Sicherheit liegt mit einem Anteil von 7,6 Prozent dabei knapp vor Klima (7,2 Prozent) und Verkehr (6,9 Prozent). Bildung, Wohnen (je 3,8 Prozent) und Soziales (3,1 Prozent) finden in der öffentlichen Debatte zur Wiener Wahl nur am Rande statt.
ÖVP und SPÖ dominieren die Debatten, Grüne und NEOS weit abgeschlagen
Den größten Anteil am öffentlichen Diskurs zur Wien-Wahl erzielt bisher mit 29 Prozent die ÖVP. Die SPÖ folgt mit 26,8 Prozent. Dahinter liegt die FPÖ mit 17,8 Prozent – deutlich vor Team HC-Strache, deren Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache mit 33 Prozent Anteil der eindeutig meistgenannte Spitzenkandidat ist. Bei den Spitzenkandidaten folgen Gernot Blümel (23,7 Prozent) und Michael Ludwig (19 Prozent). FPÖ-Vormann Dominik Nepp kommt auf einen Anteil an Nennungen von 10,2 Prozent. Als einzige Spitzenkandidatin neben Strache übertrifft Vizebürgermeisterin Birgit Hebein ihre Partei, wenn auch nur knapp. Sie kommt auf 9,6 Prozent Anteil an den Diskussionen, die Grünen auf 9,1 Prozent. Die NEOS verzeichnen 7,3 Prozent, deren Spitzenkandidat Christoph Wiederkehr 4,6 Prozent.
Bei Migration hat die ÖVP der FPÖ die Führungsrolle abgenommen
Das Thema Migration am stärksten besetzt hat mit 34 Prozent die ÖVP vor der FPÖ mit 26, der SPÖ mit 19 und den Grünen mit zwölf Prozent. Gleichauf befinden sich das Team HC-Strache und die NEOS. Das Sicherheitsthema, das bisher Kern der FPÖ war, wird inzwischen stärker von der ÖVP dominiert. Sie hat hier einen Anteil von 28 Prozent, während die FPÖ bei diesem Thema 21 Prozent zustande bringt und damit nur knapp vor der SPÖ liegt (20 Prozent).
Beim Thema Verkehr sind mit 31 Prozent Anteil SPÖ und Grüne gleichauf. Bei den Themen Bildung und Wohnen dominiert mit jeweils 40 Prozent klar die SPÖ. Die Grünen dominieren mit 41 Prozent Anteil hingegen ganz klar die Klimadiskussion.
Bildung ist nur bei den NEOS ein relevantes Thema
Die Schlüsse, die Analyst Maireder daraus zieht: „Während Umfragen der SPÖ einen klaren Wahlsieg vorhersagen, spielen die Themen, die die SPÖ im Wahlkampf besetzt hat – ausgenommen Gesundheit – eine eher untergeordnete Rolle. Die ÖVP hat mit Migration und Wirtschaft hingegen in zwei Themen die Führerschaft übernommen, die auch im Mittelpunkt der Debatten stehen. Sie hat sogar bei den Thema Sicherheit und Migration der FPÖ die Führungsrolle abgenommen. Im Gegensatz zu früheren Wahlen dominiert die FPÖ bei ihren einstigen Kernthemen nicht mehr. Die Grünen punkten vor allem bei den Themen Klimaschutz und Verkehr. Die NEOS werden wenig überraschend mit Wirtschaft assoziiert. Sie sind die einzige Partei, bei der das Thema Bildung eine relevante Größe darstellt. Für Heinz-Christian Strache und sein Team gibt es nur ein dominantes Thema: Er selbst bzw. Ibiza. Es könnte daher am Wahltag durchaus noch zu Überraschungen kommen.“